„Die Ernte ist eingebracht, die Scheunen gefüllt. Der Dank gilt dem Allerhöchsten, der den reichen Segen auf den Feldern wachsen ließ. Aber es gilt auch der unermüdlichen Arbeit des fleißigen deutsche Bauern zu gedenken, der diesen Segen in die Scheune brachte.“
So berichtete das Zauch-Belziger Kreisblatt über die Erntedankfeier des Jahres 1933. Weiter hieß es in dem Blatt, „Der Nährstand ist im nationalsozialistischen Deutschland wieder der wichtigste Stand geworden, und dafür danken Bauern und Arbeiter dem Führer.“
Das Ideal „Blut und Boden“ war ein wesentlicher Teil der NS Ideologie. Nach der nationalsozialistischen Ideologie stellte das Bauerntum den gesunden Kern des deutschen Volkes dar, die Städte dagegen bedeuteten Degeneration und Fäulnis.
Es war das erste Erntedankfest unter dem neuen Regime. Der „Tag des deutschen Bauern“ war zum nationalen Feiertag erklärt worden und wurde mit einem enormen propagandistischen Aufwand inszeniert. Er sollte das Gegenstück und Ergänzung zum „Tag der nationalen Arbeit“, der am 1. Mai gefeiert wurde, und den Geist von der nationalsozialistischen „Volksgemeinschaft“ verkörpern, die das ganze Volk zu einer Einheit machen sollte. Am 2. Mai waren die freien Gewerkschaften zerschlagen worden und ihr Vermögen beschlagnahmt.
Der 1. Oktober begann mit einer Rundfunkansprache des Propagandaministers Joseph Goebbels, in der er sagte, das „bäuerliche Urgewerbe“ bilde „die Grundlage für die ursprüngliche und dauernde Lebenskraft des Gesamtvolkes.“ Und weiter: „Es gibt keine Erhaltung des deutschen Bauerntums ohne Überwindung des Kapitalismus und ohne Schaffung eines deutschen Bauernrechtes.“ Er nannte die NS-Bauernpolitik „die größte Bauernbefreiung unserer Geschichte.“
Gemeint war die Schaffung des Reichsnährstandes am 13. September und das Reicherbhofgesetz vom 29. September. Der Reichsnährstand setzte alle Preise, Löhne und Produktionsquoten fest, bestimmte was angebaut werden sollte und verteilte Mangelwaren, z.B. Ersatzteile. Über jeden Betrieb führte der Reichsnährstand eine detaillierte Akte.
Im Reicherbhofgesetz hieß es: „Bauer kann nur sein, wer [...] deutschen oder stammesgleichen Blutes und ehrbar ist.“ Der Erbhof ging an den ältesten Sohn. Töchter werden von der Erbfolge ausgeschlossen. Der Besitzer eines Erbhofes und nur er durfte den Titel „Bauer“ tragen. Alle andere waren dann bloß „Landwirte“. Der Erbhof durfte nicht verkauft werden oder als Sicherheit für ein Hypothek dienen. Der Völkischer Beobachter (31.7.1934) beschrieb diese Einrichtung als die Verwirklichung eines „deutschen Sozialismus“.
Zunächst waren diese Maßnahmen vom Vorteil für die ländliche Bevölkerung. Die Weltwirtschaftskrise hatte den Bauern zugesetzt, obwohl eher die Großagrarier als die kleinen Bauer waren. Dennoch war die Stimmung auf dem Lande verzweifelt. 1932 verschlungen allein die Zinsen an Krediten 15% des landwirtschaftlichen Einkommens.
In Berlin empfing Reichskanzler Hitler eine aus dem ganzen Land extra in die Hauptstadt geflogenen Bauerndelegation in der alten Reichskanzlei. Er nannte den deutschen Bauer „die Quelle der nationalen Fruchtbarkeit, die Grundlage unseres nationalen Lebens.“ Der Empfang endete mit einem dreifachen Heil auf den „Retter des Bauerntums“. Gemeint war Adolf Hitler.
Die Bauerndelegation wurde dann in zehn Sonderflugzeugen nach Hannover geflogen, um dann weiter zur zentralen Erntedankfeier auf dem Bückeberg bei Hameln zu reisen. Ihnen folgte bald der „Führer“. Auf dem Bückeberg feierten mehr als eine halbe Millionen Menschen, die in Sonderzügen aus dem ganzen Reich eingetroffen waren, den „Tag des deutschen Bauern“. Das Zauch-Belziger Kreisblatt meinte, diese Massen seien „ein lebendiger Beweis von dem Siegeszug des Nationalsozialismus im Bauerntum.“
Gleichzeitig war jener Sonntag der erste von dem ebenfalls am 13. September geschaffenen nationalsozialistischen Winterhilfswerk (WHW) initiierten Eintopfsonntage. Jede Familie sollte ein Eintopfgericht zum Mittag essen und das damit ersparte Geld dem WHW spenden.
Vertreter des WHW gingen vom Haus zu Haus, um die Spenden einzusammeln, aber auch um zu kontrollieren, ob alle sich am vorgeschriebenen Essen gehalten hatten. „So trug der Tag auch in dieser Hinsicht den Stempel des neuen, besseren, von Gemeinschaftsgefühl erfüllten Deutschlands Adolf Hitlers.“
Auch im Zauch-Belziger Kreis wurde der „Ehrentag des deutschen Bauern“ kräftig gefeiert. Die Feier in den Landgemeinden begannen meistens mit einem Festgottesdienst. In vielen Orten gedachte man der Gefallenen des Weltkrieges. Es gab Umzüge mit Erntewagen, Reden und zum Schluß einen Ernteball.
In Grubo, wo im März 84% der Wähler „braun“ gewählt hatten, begann der Tag mit dem Wecken durch den Spielmannszug des Arbeitsdienstes Lotzsche. Die SA-Männer des Ortes legten einen Kranz zum Gedenken ihres verstorbenen Kameraden Fritz Hellmuth. Um 12Uhr 30 besuchten Kriegerverein, Feuerwehr, NSDAP und SA gemeinsam einen Gottesdienst. Anschließend marschierten sie zum Kriegerdenkmal, wo der Gemeindevorsteher, Pg. [Parteigenosse] Richard König an die „freudige Opferbereitschaft, mit der die gefallenen Kameraden ihr Leben für unser Vaterland einsetzten“ erinnerte, und mahnte seine Zuhörer Opfer für das WHW zu machen.
Vom Kriegerdenkmal ging es zur „Adolf-Hitler-Eiche“, die am 1. Mai gepflanzt worden war. An dieser Stelle bekundete der Stützpunktleiter der NSDAP, Pg. Semler, die Treue zum „Volkskanzler und Führer“ Adolf Hitler. Nur dank „unseres Volkskanzlers“ sagte dann Pg. Hellmuth, blickte der Bauer in eine hoffnungsvolle Zukunft.
Es folgte einen Festumzug. Wagen waren mit Früchten von Feld und Garten geschmückt. Auf den Wagen waren Frauen mit Spinnrad, Schnitter und Schnitterinnen, Dorfbewohner in alter Tracht.
Die Festrede hielt Pg. Strenge unter der alten Dorflinde. Unter anderem sagte er,
„Der Bauer ist heute der erste Garant des Volkstums; sein Wahlspruch ist ‘Treue‘. Und diese halten wir unserem Führer. Ihm, der allein den deutschen Bauern gerettet und wieder zum Ansehen gebracht, geloben wir treue Gefolgschaft.“
Nach dem gemeinsamen Anhören der Rundfunkübertragung der Reden des Reichernährungsministers Walter Darré und des „Führers“ zogen die Feiernden geschlossen zum Rülickenberg, wo ein Feuer abgebrannt wurde und Pg. Haase aus Welsigke noch eine Rede hielt. Nach einem kleinen Feuerwerk begann der Ernteball im Lokal Wolff.
In Ragösen forderte Gemeindevorsteher Kelch seine Gemeinde auf, „den Führer des dritten Reiches allzeit Gehorsam und Gefolgschaft zu leisten.“ Hier hatten im März 72,2% für die NSDAP gestimmt. Pg. Schütz, Propagandaleiter der NSDAP, meinte, man sollte nicht nur deshalb den Erntetag 1933 besonders feiern, weil es eine gute Ernte gegeben hatte, „sondern weil es sichtbar werden soll, daß der deutsche Bauer wieder den erste Platz im Staate erhalten hat. Das Bauerntum wird wieder Eckpfeiler deutscher Volkserneuerung, Kultur und Sitte. Der Bauer soll wissen, wofür er arbeitet. Die bäuerliche Wirtschaft ist für immer aus den Klauen der jüdischen Spekulanten befreit. Grund und Boden des deutschen Bauern sind keine Handelsware mehr. Das deutsche Bauerntum bildet einen neuen Adelsstand.“
Pg. Schütz schloß seine Ansprache mit einem „Sieg-Heil“ auf das deutsche Vaterland, den „Führer“ und das deutsche Bauerntum. Ehe es zum Kinder- und Erntetanz ging, sang die Gemeinde das „Deutschlandlied“ und das „Horst-Wessel-Lied“.
Die Dorfbewohner von Cammer sangen auch dieselben Lieder ehe sie ihre Erntefeier an ihren zwei „Führereichen“ beendeten.
In Lotschke, wo mehr als 90% der Wähler für die NSDAP gestimmt hatten, wurden die Menschen schon um 5Uhr vom Spielmannszug des Freiwilligen Arbeitsdienstes geweckt. Nach dem Kirchgang und dem Festumzug führte der Freiwillige Arbeitsdienst auf dem Sportplatz „gutgelungene Spatenreigen“ auf.
In Freienthal wurde der Ernteumzug von dem Mandolinenorchester begleiltet.
In Damelang gedachte Lehrer Winzer nicht nur Adolf Hitler, sondern auch „unseres greisen Reichspräsidenten von Hindenburg“, der am darauffolgenden Tag seinen 86. Geburtagsfeier feierte. Schließlich hieß die Eiche, die in Damelang gepflanzt worden war, die „Hindenburg- und Hitler-Eiche“.
Nicht weniger als 50 Wagen „von den größten Erntewagen des Gutes bis zum kleinen Hundewagen“ zogen durch Golzow und Pernitz. Nach der Festrede von Ortsgruppenleiter Pg. Hoffmann auf dem Dorfplatz, der auch in Damelang und Cammer die Festreden hielt, sangen die Festteilnehmer das Lied von der „märkischen Heide“ und auch die Deutschland- und Horst-Wessel-Lieder. Am Abend, unter der Leitung der NS-Frauenschaftsleiterin Frau Hoffmann präsentierten die Hitlerjungen und die BdM-Mädchen ein buntes Programm, das zeigte, wie es hieß, „daß die nicht nur marschieren kann, sondern auch fröhlich singen und kindlich darstellen.“
Die größte Feier zum Erntedanktag war in der Kreisstadt. „Zu diesem Ehrentag des deutschen Bauern prangte die Stadt im Festkleide. Die Straßen schwammen in einer Flut von Fahnen, von hohen Masten flatterten die, wehten aus allen Fenstern, hingen an Balkonen und gaben ihr ein wundersam buntes Gepräge. Auch die Schaufenster und Läden unserer Handel- und Gewerbetreibenden und Handwerksmeister zeigten durch frischen Ernteschmuck aus Feld und Garten die enge Verbundenheit, die alte, treue Liebe zwischen Stadt und Land, die unser Leben ist, Girlanden überspannten die Straßen. Erntekränze und Blumengewinde schmückten die Häuserfronten – und das alles getaucht in die Sonnenpracht dieses festfrohen Spätherbsttages. So beging Belzig seinen Erntedanktag.“
Der Tag begann mit Festgottesdiensten in der evangelischen Marienkirche und der katholischen St. Bonifatius Kirche. Vor beiden wehten die Kirchenfahne neben der Hakenkreuzfahne.
In seiner Predigt würdigte Herr Superintendent Zunkel, „die Bemühungen, die bisher gemacht worden sind, allen deutschen Landen wieder ein Ackerfeld, nämlich Arbeit und Brot zu geben, Bemühungen, die in unserer Gemeinde schon zum Erfolg geführt haben. Dann zeigte er die reiche Ernte auf, die aus der Saat erwachsen ist, welche der Säemann [sic] unseres Volkes, unser Führer Adolf Hitler mit nimmermüden Fleiß und unendlicher Treue und Hingabe in die tiefe Furche der von Not und Verzweiflung aufgewühlten deutschen Seele hineingelegt hatte.“
Herr Kutatus Tschetscrog schaffte es, seine Predigt zu Ende zu bringen, ohne den „Führer“ zu erwähnen.
Am frühen Nachmittag versammelten sich Teilnehmer des Festzuges am Schützenplatz: Hitlerjugend, SA, Stahlhelm, SA-Motorsturm, BdM, Turngemeinde und andere. Vier Mädchen trugen den Erntekranz. Um Viertel nach zwei erschien Landrat von Werder und wurde von den Polizei- und Oberjägerbeamten militärisch begrüßt.
Der Festzug setzte sich um halb Drei in Bewegung. In der Adolf-Hitler-Straße (Brandenburger Straße) warteten Hunderte von Zuschauern, „die immer wieder feierlich und bewegt den rechten Arm heben, wenn eine Abteilung oder wenn die Fahnen an ihnen vorbeiziehen.“
Am Turnplatz werden dann die Erntewagen eingeholt. Der ganze Festzug wird angeführt von der Hitlerjugend. Das Kreisblatt nennt das „symbolhaft“, denn die ganze Feier, „ist ja letztlich Ausdruck unseres jungen Deutschlands, das in tiefster Gläubigkeit unserem Führer Adolf Hitler folgt.“
Nach der HJ kam das Jungvolk, dann die SA-Reitereskorte aus Preußnitz, gefolgt von Festwagen aus Lüsse, angeführt vom Stützpunktleilter der NSDAP Tempelhahn. Vier geschmückte Wagen stellten die Jahreszeiten dar. Darauf folgten Abteilungen der SA und wieder Erntewagen, die Vereine, die NSBO [Nationalsozialistische Betriebsorganisation], Ponys von Kindern geführt, die Luisen und Jungluisen. „Zwischen juligelben Erntewagen, zwischen Grün- und Blumengewinden das Braun des neuen Deutschlands...“
Zu bewundern waren Erntewagen aus Lübnitz, Preußnitz, Fredersdorf, Nescholz, Hagelberg, Kuhlowitz, Schwanebeck, Baitz, Glien, Lüsse und anderen Ortschaften. Auf dem Wagen aus Borne führten Bauer die Erntearbeit vor.
Kurz vor Vier zog der Festzug zu der Melodie „Märkische Heide, märkischer Sand“ in den Schützengarten ein.
Der Belziger Bürgermeister Pg. Scheinig begrüßte die Anwesenden und gedachte den Gefallenen des Weltkrieges und auch, „unserer Kameraden der SA. und SS., die in dem 14jährigen Kampfe ihr Leben hingegeben haben.“
„Spontan“ berichtete das Kreisblatt, „erhebten sich die Arme gen Himmel und in weihevoller Stille schwingt sich gedämpft das Lied von guten Kameraden über den Platz.“
Es folgte eine Rede vom Landbundführer Pg. Gauger:
„Der Dank an den Herrgott, die Hoffnung auf die Zukunft, bat der Redner zusammenzufassen in ein Sieg-Heil auf unseren Führer Adolf Hitler, unseren Reichbauernführer Darré und unseren Reichspräsidenten von Hindenburg.“
Nach einer Ansprache von Verbandskreisleiter Pg. Nehrung, ergriff Landrat von Werder das Wort. Erst in seinen Ausführungen konnte man ahnen, daß inmitten des Rausches des Tages, nicht alle in Kreis Zauch-Belzig von der Entwicklung begeistert waren und daß die neue „Volksgemeinschaft“ nicht alle im Lande miteinschloß.
„Es gab manche, die sich uns in den Weg gestellt haben, ob es die Kommunisten, die Sozialdemokraten, die Demokraten oder die Reaktionäre waren. Sie sind es ja gerade, die heute noch nicht den Geist der Zeit verstehen, die es besser wissen, die und so oft belehren wollen.“
Schließlich hatten noch im März nur knapp 43% der Belziger für die NSDAP gestimmt. Noch 618 (22,6%) hatten SPD gewählt und 314 (11,5%) KPD.
„Wir wissen, daß wir hier und da scharf zufassen müssen, und wir kennen keine Nervosität, wir kennen nur die altgewohnte Zielklarheit, die jeder einzelne gelernt hat von unserem Führer.“
Es hatte auch in Belzig Verhaftungen gegeben, darunter von Stadtverordneter und Kreistagsdelegierter Alfred Baak, der Leiter der Belziger Ortsgruppe der KPD war.
„Diesen Mann, der der Größte ist, der auf der Welt lebt, und seine Befehle zu kritisieren, ist Wahnwitz. Wir alle, ob SA.-Mann, ob Kreisleiter, ob Landrat fühlen und nur als Soldaten Adolf Hitlers. Wie alle kennen nur eins, und das ist die Sache. Wir wissen und wir haben den Glauben, daß so manches Gespräch; das heute noch Unruhe hineinbringt, in die Dörfer, in die Vereine, ja sogar in die eigene Partei, in unsere Bewegung, verschwunden sein wird und kein Mensch mehr davon spricht, in einem Jahr gibt es in Deutschland nur noch ganz wenige, die entweder im Konzentrationslager sitzen, oder die sich im Ausland befinden, die nicht hundertprozentig überzeugte Anhänger von Adolf Hitler und von der NSDAP sind...“
„Hätten wir, die Getreuen des Führers, nicht an diesem großen Mann Adolf Hitler geglaubt, gegen alle Regeln der Vernunft und der Kriegslehre, dann hätten wir den Sieg nicht davon getragen. Das weiß Adolf Hitler, den seit drei Jahren persönlich zu kennen ich die Ehre habe, am besten.“
„Ich bin überzeugt, daß im Kreise Zauch-Belzig in kurzer Zeit der Nationalsozialismus sich auf breitester Grundlage wird behauptet haben und daß das Volk geschlossen sich freudig zu unserem Hakenkreuzbanner bekennt.“
Im Kreise hatten immerhin 58% für die NSDAP gestimmt, weit über dem nationalen Durchschnitt, aber auch 30% hatten den beiden marxistischen Parteien ihre Stimme gegeben.
Landrat von Werder beendete seine Rede mit eine „Sieg-Heil“ auf „unser deutsches Vaterland und den Volkskanzler Adolf Hitler.“
Landrat von Werder blieb nicht lange im Amt. Rudolf Röhr berichtet in seinen Memoiren, „Warum bin ich solange im Fläming geblieben?“, daß der junge Landrat eine instabile Persönlichkeit war, die viele Schulden hatte. Seine Eltern schickten ihn nach Amerika, ehe er noch mehr Schaden anrichten konnte.
Ortsgruppenleiter Pg. Willi Grutzeck brachte dann auch noch ein „Sieg-Heil“ auf „unser geliebtes Vaterland und seinen Kanzler“. Mit erhobenem rechten Arm sangen die Festteilnehmer das „Deutschlandlied“ und das „Horst-Wessel-Lied“.
Anschließend hörten Teilnehmer im Schützenhaus die Rundfunkübertragung der Reden des „Führers“ und des Reichministers Darré.
Die Feier in Belzig endete mit einem Gastspiel des Landestheaters Berlin. Es wurde die „Revolutionskomödie ‘Konjunktur‘“ von Diedrich Loder gespielt, ein Stück über den „unlauteren Geschäftsgeist der letzten Jahre“. Ein Oberleutnant, der während der Weimarer Republik wegen seiner politischen Aktivitäten aus dem Heeresdienst entlassen wurde, verkörpert den „nationalsozialistischen Revolutionär im edelsten Sinne“. Das Kreisblatt kam zu dem Schluß, daß der Oberleutnant „als Nationalsozialist und lauterer Geschäftsmann“ seinen Gegnern „ohne weiteres überlegen war“.
Im Jahre 1933 hatten die Nationalsozialisten es verstanden, die ländliche Bevölkerung für sich zu gewinnen, aber ihre praktische Politik führte dazu, daß das Leben auf dem Lande immer weniger attraktiv und die Kluft zwischen Stadt und Land immer größer wurde. Die 1933 getroffenen Maßnahmen halfen vielen Bauern aus der durch die Wirtschaftskrise verursachte Not heraus. Aber bald stieg die Verschuldung wieder an.
Als Tausch gegen mehr Sicherheit und schmeichelnde Worte wurde erwartet, daß der Bauer mehr arbeitet für ein geringeres Einkommen als die Industriearbeiter. Unter den Nationalsozialisten stieg das Einkommen der ländlichen Bevölkerung zwar um etwa ein Drittel, das der Industriearbeiter aber um fast 50%.
Tatsächlich waren die Nationalsozialisten nicht an einem Ausbau der Landwirtschaft interessiert, sondern an deren Intensivierung. Die kontrollierten Preise stiegen später nicht mehr, die Kosten aber doch, z.B. für die notwendigen Düngemittel, um Ertragssteigerungen zu ermöglichen. Diese Situation verhinderte aber die Mechanisierung der Landwirtschaft, die eine noch größere Produktivität ermöglicht hätte. In der Landwirtschaft fiel Deutschland in diesen Jahren technisch weit hinter den anderen westlichen Ländern zurück. Die deutschen Bauern mußten sich immer mehr anstrengen, um nicht zurückzufallen.
Die Alternative wäre der Einsatz von mehr Arbeitskräften, aber das war auch nicht möglich, denn der Ausbau der Industrie lockte immer mehr Menschen in die Stadt, wo sie für weniger Arbeit mehr Geld erhielten. Die Verherrlichung des Bauerntums stand auch dem Ausbau der Industrialisierung gegenüber, denn die Hauptziele der Nationalsozialisten war die Aufhebung des Versailler Vertrages, den Aufbau der Armee und die Eroberung von neuem Lebensraum.
Die Landflucht nahm also zu. 1934 wurde es Landarbeitern verboten, in die Stadt zu ziehen. Solch eine Maßnahme war aber nicht durchzuhalten. Bald gab es auf dem Lande eine Arbeitskräftemangel. Um Abhilfe zu schaffen, wurden Jugendlichen aufs Land geschickt und Männer des Reichsarbeitsdienstes wurden zur Arbeit auf dem Lande verpflichtet. 1938 mußten mehr als 100.000 Saisonarbeiter aus Italien und Ungarn ins Land geholt werden. Auch im Kreis Zauch-Belzig waren sie im Einsatz.